Mütterportrait: Zwillingsmütter unter sich. Ein Gespräch.
Mit Zwillingseltern ist das ein bisschen so wie wenn man einen Mini oder Käfer fährt: man nickt sich freundlich zu. Weil wir irgendwie alle in einem Boot sitzen. Man sagt, dass Zwillinge sich ihre Eltern aussuchen. Denn, um ehrlich zu sein: Die meisten Eltern hätten sich wahrscheinlich nie im Leben Zwillinge ausgesucht. Bis sie welche bekommen haben. Mit Katarina, 31, Mama von Zwillingen sowie einem „Einling“ (wie wir Zwillingsmütter sagen) und einem weiteren Einling im Bauch, habe ich mich unterhalten und nicht schlecht gestaunt.
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Christin: Katarina, Du hast innerhalb von sehr kurzer Zeit drei Kinder bekommen. Erst eine Tochter bekommen, dann zwei auf einmal. Wie hast Du reagiert?Katarina: Ich habe meine Hebamme angerufen und den Rückbildungskurs für den Abend abgesagt, alkoholische Getränke für meinen Mann und die Schwiegereltern besorgt und dann allen Drei das Ultraschallbild gezeigt. Mein Mann hat dann erst einmal sein Bier aufgemacht, meine Schwiegereltern Wein getrunken. Aber zum Schockmoment kam es irgendwie nicht. Und bei Dir? Schockmoment oder große Freude – beim ersten Mal gleich zwei?
Christin: Eher das Gegenteil: Seit ich bei einer Freundin gesehen habe, wie wunderbar ihre 9 Monate alte Zwillingsmädels miteinander umgehen, wollte ich auch Zwillingsmädchen. Als es dann tatsächlich geklappt hat, habe ich nur laut gelacht.
ALLES DOPPELT: DIE LIEBE, DER SPASS – UND DIE LAUTSTÄRKE.
Katarina: Es ist auch wirklich toll mit Zwillingen. Es ist wirklich doppelte Freude, doppeltes auf einen Zulaufen, doppeltes Abknutschen. Aber auch doppelte Lautstärke. Andererseits ist es aber auch schön, mal Zeit mit nur einem Kind zu verbringen weil man sich dann auf die Bedürfnisse eines einzelnen Kindes eingehen kann. Lustig, wie die sich ihre Exklusivzeit selber holen: das eine Kind schläft später ein, das Andere wacht später auf…
ZWILLINGSKINDER HOLEN SICH IHRE EXKLUSIVZEIT MIT DEN ELTERN GANZ VON SELBST. SCHLECHTES GEWISSEN GIBT ES NICHT.
Christin: Ja, das genieße ich auch sehr. Ich habe zu Anfang manchmal die Mütter von Einlingen…
Katarina: Einlinge! Auch so ein Begriff, den ich erst kenne seitdem ich Zwillinge habe! Klingt wie „der Hobbit“. Sorry…
Christin: Absolut, aber das ist ausgleichende Gerechtigkeit. Häufig genug werden meine Mädels als „die Zwillinge“ bezeichnet. Das werde ich wahnsinnig… Also, manchmal habe ich die Mütter beneidet, die mit nur einem Kind lockerflockig in ihrem Tragetuch umher spazierten und nebenbei noch eine Tasche über der Schulter hatten. Das hatte ich nie. Und wenn dann doch mal, hatte ich immer ein schlechtes Gewissen dem anderen Kind gegenüber oder habe mich gefühlt als hätte ich gerade frei.
Katarina: Ohne den Eltern von Einzelkindern zu Nahe treten zu wollen, aber man sagt ja auch unter Mehrlingseltern: ein Kind ist kein Kind.
Christin: …sagt die Frau, die gerade schwanger ist mit Baby Nr 4. Dazu hattest Du letztens einen wunderbaren Post auf Instagram. Ich finde ja, dass man mit Zwillingen schon wie ein Zirkuspferd behandelt wird.
Katarina: Die ewigen Fragen: „Sind das Zwillinge?“ Für diese Frage hätte ich fast einen Klingelbeutel am Kinderwagen aufgehängt. Wenn ich für jede Frage einen Euro bekommen hätte, wäre ich heute reich!
Christin: Stimmt. Schön ist auch: „Ach, ein Junge und ein Mädchen…?“
Katarina: JA! Und der Knaller wenn Du darauf hinweist, dass beides Mädchen sind: „Schade – ein Junge wäre auch schön gewesen, oder?“ HALLO? Das Schlimmste ist aber eigentlich, dass man Ewigkeiten braucht um von A nach B zu kommen, ganz zu schweigen wenn man einkaufen geht…
Christin: …weil man immer jemanden trifft, der jemanden kennt, dessen Schwager der Cousine auch Zwillinge hat. Und Dir dann ihre Geschichte in epischer Breite erzählen. Oder die Kinder anfassen. Du hast mal einen ziemlich lustigen Bericht geschrieben, bei dem habe ich unsere erste Zeit sehr wieder erkannt.
Katarina: Ja, wie sollen denn die Kinder lernen, dass man sich nicht von Jedem anfassen lassen muss? Ich habe ernsthaft über ein Schild am Kinderwagen nachgedacht: Bitte nicht anfassen. Mit Kind 1 ist mir sowas nicht passiert, das war eine sehr neue Erfahrung!
Christin: Herrlich, mit Klingelbeutel am Wagen und Schildern um den Hals – kommen wir nochmal zum Zirkuspferd zurück…
Katarina: Aber weißt Du was ich mich ernsthaft frage: Warum gibt es eigentlich keine Doppelkindersitze in den Einkaufswagen? Ich meine, das ist doch nicht nur für Zwillingseltern interessant, sondern auch für andere Eltern mit zwei kleinen Kindern. Am Anfang ging das ja noch so mit dem Maxi Cosi, aber wenn die Kinder da raus sind?
Christin: Deswegen gehe ich auch heute noch mit dem Kinderwagen einkaufen – und die Kinder sind 2,5! Mir graut vor der Zeit wenn die Mädels nicht mehr in ihren Kinderwagen passen und ich alle Einkäufe schleppen muss und gleichzeitig zwei Kinder koordinieren muss! Wie machst Du das mit drei???
Katarina: Früh laufen lassen hilft, damit die Kinder lernen am Wagen zu bleiben. Aber manchmal muss man sich entscheiden: die Nerven der anderen Leute schonen oder Leben retten? Und dann hilft nur eine klare Ansage.
MANCHMAL KOMME ICH MIR VOR WIE EIN DRILL INSTRUKTOR. – ABER WIR MÜSSEN LEBEN RETTEN!
Christin: Und ehrlich, DAS finde ich anstrengend! Seitdem die Kinder zwei Jahre alt sind und wissen was sie wollen bzw. nicht wollen, bin ich nicht mehr so entspannt wie noch vor einem Jahr. ich wurde immer für die entspannte Zwillingsmutti gehalten… wenn die mich jetzt manchmal sehen würden – HAHA!
Katarina: Klar, ob Du nachts für ein Kind oder zwei Kinder aufstehst, ist egal. Hoch musst Du eh. Und auch alles Andere fand ich nicht schlimm, selbst mit noch einem Krabbelkind dazu nicht. Und irgendwann ist man auch viel weniger eingespannt weil die Kinder sich miteinander beschäftigen. Diese YouTube Videos wo Eltern versuchen ihre Kinder anzuziehen sind doch gestellt. Wer zieht schon zwei Kinder freiwillig gleichzeitig an?
Christin: Oder zwei gleiche Outfits! Hab ich nie gemacht. Das bekommt man auch eher von anderen geschenkt… ich habe das immer weiterverschenkt… ups, jetzt isses raus. Anderes Thema: Wie war denn Dein Wochenbett mit den zwei Kleinen? Gibt es das überhaupt für Mütter, die schon vorher Mama waren?
GIBT ES EIN WOCHENBETT FÜR MÜTTER, DIE SCHON MUTTER WAREN?
Katarina: Also, das Wochenbett mit einem Kleinkind ist schon anders als mit drei. Aber zum Glück brauchte ich diese Erholungsphase nicht so sehr. Bei Kind 1 hatte ich soviel Energie, da habe ich teilweise morgens um 6 die Wohnung geputzt. Bei 2 und 3 war ich ähnlich aktiv. Aber, das soll um Gottes Willen kein Vorbild für andere Mamas im Wochenbett sein. Macht es bitte, wie es sich gut anfühlt für euch!
Christin: Hattest Du Hilfe in der ersten Zeit?
Katarina: Meine Mama wohnt in der Nähe, das war schon eine große Hilfe. Hut ab vor allein erziehenden Müttern, die alles alleine wuppen müssen.
Christin: Um Gottes Willen, daran will ich gar nicht denken – wie schafft man das? Zwillingsmütter werden ja schon immer so komisch angesehen, mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Bewunderung „wie schaffen Sie das nur“ – warum werden dann allein erziehende so komisch behandelt? Denen müsste doch mindestens der Oscar verliehen werden! Und wenn Du dann auch noch alleine kochen musst, ich würde verhungern! Apropos – was gab es bei Dir im Wochenbett zu essen?
Katarina: Gesund und deftig! Man braucht was Nahrhaftes. Sonst fehlt die Kraft.
Christin: Geschnetzeltes mit Spätzle – meine Wochenbett-Highlight. Aber sag mal – hast Du einen Tipp für werdende Zwillingseltern? Wenn es nach mir geht, kann man sich den Wickeltisch ja sparen. Meist wickelt man ja eh da, wo die Kinder sind.
Katarina: Wir hatten einen, noch von der „Großen“ und das hat gut geklappt. Einen Tipp… Vergesst die Listen im Internet, die sind totaler Quatsch, verleiten zum Kaufen und braucht man nicht. Bei Zwillingen ist weniger irgendwie mehr. Ansonsten: nicht verzweifeln. Ihr schafft das. Zwillinge suchen sich ihre Eltern. Durchschnaufen.